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AvD Fahrbericht - Maserati Ghibli
Fahrberichte - 25.04.2022 - 5min. Lesezeit

Fahrbericht - Maserati Ghibli

Renntaugliche Leistung und rasiermesserscharfes Fahrverhalten wie bei einem Sportwagen.

Der Maserati Ghibli tritt in der Oberklasse zu den kräftigeren Versionen von Audi A6, BMW 5er und Mercedes E-Klasse an. Ähnlich wie der Jaguar XF übernimmt er hier die Rolle Alternative des Individualisten und spricht damit all jene an, die nicht in den Verdacht kommen möchten Dienstwagen-Kutscher zu sein und bereit sind, dafür auch ein Häppchen mehr zu zahlen. Okay, hier ist das Häppchen eher ein Happs.

Auftritt

Der Maserati Ghibli ist die kleinere von zwei Limousinen-Baureihen der Marke. Wobei: „Klein“ ist relativ. Der nach einem nordafrikanischen Wüstenwind benannte Viertürer ist nämlich ein ganz schöner Kaventsmann – knapp fünf Meter lang (4,97 Meter) und nahezu zwei Meter breit (1,95 Meter). Damit rangiert er am oberen Rand seiner Klasse. Hinzu kommt, dass es um Übersichtlichkeit nicht eben gut bestellt ist und speziell das Heck vom Fahrersitz aus unsichtbar bleibt. Das gilt ebenso für den vordersten Bereich der Front, der sich, weil stark abfallend, dem Blick entzieht.

Bereits mit der Serienausstattung lässt sich gut leben: Lederausstattung, Automatikgetriebe, Bi-Xenon-Scheinwerfer, Keyless Entry System, und ein Infotainment-System mit 8,4-Zoll großem Farb-Touchscreen sind standardmäßig an Bord. Ebenso Alu-Räder im 18-Zoll-Format, 19-Zöller kosten ab € 1.310,- zusätzlich, 20-Zoll-Walzen tapfere € 5.000,-. Wer den Ghibli weder in Schwarz noch Weiß möchte, muss für eine Metallic-Lackierung mindestens € 1.190,- berappen. Wenn es etwas mehr sein darf, sind die Ausstattungsversionen Granlusso und Gransport, die für mehr Geld (ab € 10.480,-) zusätzlich eine Auswahl der auch einzeln erhältlichen Sonderausstattungen mitbringen.

AvD Fahrbericht - Maserati Ghibli

Schließlich hält die Maserati-Preisliste gegen Aufpreis so ziemlich alles parat, was in dieser Fahrzeugklasse derzeit Stand der Dinge ist: Adaptive Voll-LED-Matrix-Scheinwerfer (€ 2.740,-), Doppel-Verglasung (€ 1.075,-), Navigation (€ 2.380,-), Alcantra-Dachhimmel (€ 1.730,-) oder Sitzbelüftung (€ 1.075,-). Wem betreutes Fahren wichtig ist, muss mindestens € 3.395,- für das Fahrassistenz-Paket investieren. Dann verfügt der Ghibli über einen Tempomat mit Abstandsregelung und Stopp & Go-Funktion, Surround View Kamera, Totwinkel-Assistent, Verkehrszeichenerkennung und den Autobahn-Assistent. Letzter kombiniert den Abstandstempomaten mit einem Spurhalte-Assistenten und erlaubt teilautomatisiertes Fahren. Das heißt: Der Ghibli bremst, beschleunigt und lenkt, solange der Fahrer gleichzeitig die Hände am Lenkrad lässt.

Antrieb

Für den Ghibli bietet Maserati drei Triebwerke an, einen Diesel mit 275 PS und zwei Benziner mit 350 PS bzw. 430 PS. In den beiden ersten Fällen werden die Hinterräder angetrieben, während der Top-Benziner in Deutschland nur in der Allrad-Variante angeboten wird. Doch egal welcher Motor, in jedem Fall logiert ein V6-Turbomotor mit Direkteinspritzung und 3,0 Litern Hubraum unter der Ghibli-Haube – von Maserati entwickelt und von Ferrari in Modena produziert.

Alle angebotenen Motoren erfüllen die Abgasnorm Euro 6d-Temp und atmen über eine doppelflutige Abgasanlage mit vier Endrohren aus. Diese weisen einen so großen Querschnitt auf, dass sie eigentlich vergittert sein müssten, damit sich bei Regen keine Passanten darin unterstellen. Noch größere Tröten hat wohl nur der Nissan GT-R.

AvD Fahrbericht - Maserati Ghibli

Technische Daten des Maserati Ghibli 

Fahren

Bereits das Starten des 350-PS-Triebwerks unseres Testwagens macht Freude. Kurz surrt der Anlasser, dann zündet der Motor und verfällt in ein gleichmäßiges dumpfes Brabbeln. Die akustische Untermalung bleibt auch während des Fahrens stets präsent ohne dabei nervig zu werden. Der Turbo-V6 hängt aufmerksam am Gas und beschleunigt in Zusammenarbeit mit der von ZF stammenden 8-Gang-Automatik die Sportlimousine ohne viel Federlesen auf das gewünschte Tempo. Damit wir uns nicht missverstehen: Der Ghibli animiert seinen Fahrer nicht fortlaufend zum Schnellfahren, sondern zeigt auch Kompetenz für entspannt-souveränes gleiten. Das Fahrwerk ist straff aber noch komfortabel abgestimmt und vermittelt zunächst eine angemessene Straßenlage. Der eigentlich gute Eindruck wird bei unserem Testwagen durch die optionalen 20-Räder sabotiert. Deren flacher Querschnitt verschlechtert nicht nur den Federungskomfort spürbar, mit zunehmendem Tempo wird auch der Geradeauslauf beeinträchtigt, sodass fortlaufend leichte Lenkkorrekturen erforderlich sind. Geradezu allergisch lassen die dicken Walzen den Ghibli auf Spurrinnen regieren. Denen läuft er nach, wie ein Teenager dem neuesten Modetrend. Noch schlimmer wird es, mit aktiviertem Autobahn-Assistent: Der arbeitet grob, dass man den Eindruck bekommt, der Maserati versetze unwillkürlich um einen halben Meter.

AvD Fahrbericht - Maserati Ghibli

Das Sport-Programm soll den Ghibli noch sportlicher wirken lassen. Die Gasannahme wirkt noch direkter, die Lenkung knackiger, das Getriebe lässt die Gänge länger ausdrehen und schaltet früher zurück, das Fahrwerk wirkt straffer. Darüber kann man sich aber wohl nur auf der Rennstrecke freuen. Dem im Alltag nicht erfahrbaren Performance-Gewinn stehen spürbare Nachteile entgegen: Die jetzt zu harte Fahrwerksabstimmung erzeugt im Überlandeinsatz ein sich mit dem Tempo steigerndes Stuckern, während in der City der Fahrkomfort deutlich abnimmt. Aficionados werden es als positive Eigenschaft des Sport-Programms wahrnehmen.

Behaglichkeit

Raumökonomie ist keine Stärke des Ghibli. Vorne verwöhnt der Maserati mit üppigem Mobiliar, das in Kurven ordentlichen Seitenhalt bietet und auch nach einigen Stunden noch als gemütlich empfunden wird. Die Sitze lassen sich dem eigenen Gusto gut anpassen, wozu auch die zusätzliche Einstellbarkeit der Pedalerie beiträgt. Allein der Bereich der Lenkrad-Längsverstellung könnte größer ausfallen. Ablagemöglichkeiten sind zwar nur in begrenzter Zahl vorhanden, aber das Fassungsvermögen in der Mittelarmlehne macht dieses vermeintliche Manko locker wett. In der zweiten Sitzreihe zeigt sich hingegen, dass der Ghibli zwar das Outfit einer Limousine trägt, in der Praxis aber eher als viertüriges Coupé gelten muss. Denn Beinraum ist hier Mangelware, selbst wenn der Fahrer nur Durchschnittsmaß besitzt. Da ist man selbst auf den Rücksitzen eine Klasse tiefer (Mittelklasse: Audi A4, BMW 3er, Ford Mondeo, VW Passat) besser untergebracht.

Nahezu alle Funktionen werden über den zentralen 8,4 Zoll messenden Farb-Touchscreen gesteuert. Einige Einstellungen, wie die Radio-Lautstärke oder die Innen-Temperatur, lassen sich zusätzlich über Tasten am Lenkrad oder spezielle Regler in der Mittelkonsole steuern. Die Menüstruktur zeigt sich zunächst etwas eigensinnig, wer aber den Ghibli nicht nur ein paar Tage fährt, wird sich sicherlich rasch mit den Eigenheiten arrangieren können.

Die Fertigungsqualität zeigt sich zwar weitestgehend auf gutem Niveau – alles sitzt fest, nichts klappert – und die meisten der eingesetzten Materialien wirken hochwertig. Das gilt aber eben nicht durchgängig, weil die einfache Beschaffenheit einiger Teile nicht zum Premium-Anspruch der Marke passt. Das gilt ebenso für einzelne Passungen: Dass die Fuge zwischen den Türtafeln vorne und der B-Säule fingerdick ausfällt, fällt gerade in dieser Preisklasse negativ auf.

Dafür bietet der tiefe und glattflächige Kofferraum ein gut nutzbares Fassungsvolumen von 500 Litern. Die Wettbewerber haben zwar noch ein paar Liter mehr zu bieten, die meisten verstecken sich aber in Fächern unter dem Ladeboden oder seitlichen Ablagen.

Portemonnaie

Entsprechend dem exklusiven Markenimage sind die Preise nicht von schlechten Eltern. Die Listenpreise starten bei € 69.300,- für den 275-PS-Diesel und reichen bis € 89.700,- für den Benziner mit 430 PS. Dazwischen liegt der 350-PS-Benziner für € 73.100,-. Selbstbewusst fallen auch die Preise für die Ausstattungslinien und die Sonderausstattungen aus. Das summiert sich dann in Null-Komma-Nix zu einem sechsstelligen Betrag. Der Exklusiv-Zuschlag fällt auch bei der Kfz-Versicherung an: Die Versicherungsklasse des forschen Italieners notieren durchweg oberhalb der deutschen Mitbewerber. Und beim Wiederverkauf muss der Maserati-Fahrer ganz tapfer sein, denn der Wertverlust liegt am oberen Ende des in dieser Klasse üblichen.

Und der sonstige Unterhalt? Die Ersatzteilpreise sind deftig. Das sind sie aber auch bei Audi, BMW und Mercedes. Das gilt ebenso für die Arbeitsstunden.

Wie sehr der Maserati das eigene Kraftstoff-Budget belastet, hängt von der Selbstdisziplin des Fahrers ab: Während unser Ghibli auf schnellen Autobahn-Etappen kombiniert mit Stadtverkehr durchschnittlich 15,7 Liter pro 100 km zu sich nahm, begnügte er sich bei Fahrten mit gebremstem Schaum mit knapp neun Litern – wobei Tempo 160 und ein vorausschauender Fahrstil auch nichts mit Bummelei zu tun haben. Das sind gar keine schlechten Werte für einen Benziner mit 350 Pferden. Im Konkurrenzumfeld steht der Italiener damit ganz gut da.

AvD Fahrbericht - Maserati Ghibli

Fazit

Der Maserati Ghibli zeigt an vielen Stellen, dass er das Niveau der deutschen Oberklasse nicht erreicht. Verarbeitung? Nun ja, da geht noch was. Raumökonomie? Angesichts der mächtigen Abmessungen enttäuschend. Bedienung, Fahrassistenz und Konnektivität? Hat er zwar, die anderen aber auch. Und die können das durchweg besser.

Drauf gehustet! Einen Maserati fährt man nicht wegen der Spaltmaße oder der Raumausnutzung. Es genügt, dass er über ein Navi verfügt, das verlässlich ans Ziel leitet. Es genügt auch vollkommen, wenn sich das Mobiltelefon mit der Freisprecheinrichtung koppelt. Diese ganzen On-Air-Zusatzdienste sind nur Firlefanz. Das gilt ebenso für den Bereich Fahrassistenz. Ein Maserati ist ein Fahrerauto – gerne auch ein Fahrerinnenauto. Der Maserateur braucht weder Hilfe noch Bevormundung wenn es gilt das Auto auf der Straße zu halten, zu beschleunigen oder zu verzögern. Ihm kommt es auf den Sound an, auf Beschleunigung, Druckpunkte, Rückmeldungen und ein emotionales Fahrerlebnis. Und in dieser Hinsicht ist der Ghibli ganz weit vorne.

© AvD - Automobilclub von Deutschland

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